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Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Schweizer Bundesverwaltungsgericht hebt die Teilgenehmigung des BAZL für das BR 2014 in entscheidenden Punkten auf

Waldshut 22.09.2021

Die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut sowie die Gemeinde Hohentengen a. H. haben einen unerwarteten Teilerfolg vor dem Schweizer Bundesverwaltungsgericht erzielt. Die Teilgenehmigung für das sog. Ost-Entflechtungskonzept wurde vom Gericht teilweise aufgehoben.

Erstmals folgt damit ein Schweizer Gericht derart umfassend dem Vorbringen der deutschen Seite in der Fluglärmproblematik. Die Landräte Sven Hinterseh, Dr. Martin Kistler und Zeno Danner sowie Bürgermeister Martin Benz begrüßen diesen Entscheid.

Zum Hintergrund: Bereits im Oktober 2013 hatte der Flughafen Zürich beim Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Genehmigung für das sog. Ost-Entflechtungskonzept (BR 2014) beantragt, das insbesondere während der Schutzzeiten der 220. DVO geflogen werden soll. Die Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Konstanz und Waldshut hatten sich wegen der mit dem BR 2014 verbundenen Mehrbelastungen für die südbadische Region vehement gegen dieses Konzept gewehrt und mit dem Gutachten der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL) auch Alternativen aufgezeigt.

Dank der politischen Unterstützung der Bundes- und Landtagsabgeordneten der Region und der Landesregierung Baden-Württemberg war es gelungen, dass der damalige Bundesminister Alexander Dobrindt die Zustimmung des Bundesverkehrsministeriums für eine Änderung der 220. DVO nicht erteilte, die zur vollständigen Umsetzung des BR 2014 notwendig wäre.

Der Flughafen Zürich hatte darauf beim BAZL am 31. Mai 2017 die Teilgenehmigung für das BR 2014 beantragt, soweit dieses – unter Verzicht auf die Inanspruchnahme des deutschen Luftraumes – alleine auf Schweizer Hoheitsgebiet umgesetzt werden kann.

Das Teilgenehmigungsgesuch beinhaltete insbesondere die Absenkung der Minimumhöhe bei Starts von vierstrahligen Flugzeugen von Piste 32. Schwere viermotorige Langstreckenflugzeuge – insbesondere die Airbusse A 340 der Swiss – können diese Höhe oftmals nicht erreichen, weshalb für diese Flugzeuge auf der Piste 34 eine Ausnahmeregelung mit einer Minimumhöhe von 2500 ft gilt. Diese Ausnahmeregelung sollte jetzt auch für die Piste 32 gelten.

Des Weiteren die Anpassung der FL80-Regel beantragt, damit in der Nacht weniger dicht besiedeltes Gebiet überflogen werden kann. Heute wird nach 22.00 Uhr der Anflugsektor auf die Piste 28 großräumig umflogen, da bei sich anbahnenden Konflikten bis 8000 ft ü.M. keine Flexibilität mehr gegeben ist. Als Folge davon werden seit der Einführung der FL80-Regel vor rund sechs Jahren im flughafennahen Gebiet dichter besiedelte Gebiete überflogen. Mit der beantragten Änderung des Betriebsreglements sollten diese negativen Auswirkungen der FL80-Regel rückgängig gemacht werden.

Die Genehmigung des Teilgesuchs hätte insbesondere im Bereich der Gemeinde Hohentengen a. H. zu höheren Lärmbelastungen gerade in den Nachstunden gegenüber dem heutigen Zustand geführt. Die bisher in der Schweiz liegende 43 dB(A)-Linie hätte sich in der ersten Nachtstunde erstmals nach Deutschland erstreckt. Bei einem Hintergrundpegel in Hohentengen unter 35 dB(A) in der Nacht wäre diese Mehrbelastung deutlich wahrnehmbar gewesen.

Gegen die Teilgenehmigung des BR 2014 des BAZL vom 14. Mai 2018 hatten die Landkreise Waldshut, Konstanz und Schwarzwald-Baar-Kreis sowie die Gemeinde Hohentengen a. H. Verwaltungsbeschwerde beim Schweizer Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 7. September 2021 nunmehr entschieden, dass die Teilgenehmigung des BR 2014 teilweise rechtswidrig ist und hat die Verfügung des BAZL insbesondere in folgenden Punkten aufgehoben:

  • a. Die Genehmigung der FL80-Regel in Art. 18 von Anh. 1 zum BR wird aufgehoben.
  • b. Die Genehmigung der Ausnahmeregelung betreffend die Mindestflughöhe für vierstrahlige Flugzeuge bei Starts ab Piste 32 ist zwar ebenfalls rechtswidrig; sie wird allein zur Reduzierung von Sicherheitsrisiken zeitlich befristet aufrechterhalten (bis zum Abschluss der Sachplanung bzgl. der Lärmauswirkungen des Flugbetriebs während der Nachtstunden sowie des Verfahrens zur Genehmigung einer darauf folgenden Änderung des BR). Hierdurch gewonnene Kapazitäten dürfen während der Geltung des Ostkonzepts ausschließlich für den Abbau von Verspätungen genutzt werden.
  • c. Die Festlegung der zulässigen Lärmimmissionen für den Flughafen Zürich sowie die vom BAZL gewährten Erleichterungen werden aufgehoben und zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung und erneuten Entscheidung an das BAZL zurückverwiesen.

Weiteres zur Entscheidung ist der Medienmitteilung des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts (https://www.bvger.ch/bvger/de/home/medien/medienmitteilungen-2021/flughafenzurichnachtverkehrmussuberarbeitetwerden.html) zu entnehmen.

Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht den Landkreisen in unseren Augen etwas vorschnell die Beschwerdebefugnis abgesprochen hat, sind wir über den Erfolg unserer gemeinsamen Beschwerde hoch erfreut“, erklärten die Landräte. „Mit unserer Argumentation, dass die Teilgenehmigung des BR 2014 „mit heißer Nadel gestrickt wurde“ und die Lärmproblematik unzureichend durch das BAZL bewältigt wurde, haben wir uns durchgesetzt“.

„Mit einem Erfolg unserer Beschwerde in diesem Umfang hätte ich nicht gerechnet“, erklärte Bürgermeister Martin Benz. Dem pflichteten die Landräte bei. Es ist das erste Mal, dass ein Schweizer Gericht dem Vorbringen deutscher Kläger und der Schweizer Nordgemeinden zur Fluglärmproblematik so umfassend gefolgt ist.