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Alle reden vom Klimaschutz – und Ryanair sieht die besten Chancen seit 30 Jahren

NZZ 27.07.2021 – Kommentar

Ryanair will als Gewinner aus der Pandemie hervorgehen. Dass die Kosten überschiessen, sitzt die Airline locker aus. Sie weiss, was trotz Klimadebatte viele Passagiere lockt: billig sein, um jeden Preis.

Benjamin Triebe, London

Nach den zerstörerischen Fluten diskutieren viele Europäer wieder über den Klimawandel. Zumindest so lange, bis es in die Sommerferien geht. Ryanair, Europas grösste Billigfluggesellschaft, schraubte am Montag seine Passagierprognose für das laufende Geschäftsjahr nach oben. Seit Anfang Juli zieht das Sommergeschäft stark an.

«Besser» als nach dem Kalten Krieg

Das könnte reichen, um auf Sicht von zwölf Monaten einen Verlust zu verhindern, glaubt Firmenchef Michael O’Leary. Dabei geht es ihm derzeit gar nicht so sehr um Geld als viel eher um Expansion: Noch nie in seinen 30 Jahren in der Branche habe er solche Wachstumsmöglichkeiten erlebt, schwärmte O’Leary – «nicht nach dem Kalten Krieg, nicht nach dem 11. September!».

Ryanair ist billig. Um als Gewinner aus der grössten Krise der Luftfahrtgeschichte hervorzugehen, will die Gesellschaft so billig wie möglich bleiben. Das soll die Passagiere über den Ärger mit ständig wechselnden Corona-Reisevorschriften hinwegtrösten. 24 € kostete das durchschnittliche Ryanair-Ticket von April bis Juni. Im selben Zeitraum 2019, vor der Pandemie, waren es 36 €. Gleichzeitig ist das Hochfahren des Flugbetriebs teurer: Ryanairs Verlust von April bis Juni betrug 273 Mio. € – mehr als vor einem Jahr, als man fast gar nicht flog.

Mehr Verbindungen, mehr Flugzeuge

Bis zur Pandemie baute Ryanair über Jahre eine beeindruckende Finanzkraft auf. Sie macht es jetzt möglich, rote Zahlen nicht nur auszusitzen, sondern die Kapazitäten mit Tiefstpreisen zu füllen und parallel in die Erholung zu investieren: Ryanair erweitert seine Standorte, nimmt über vier Jahre 210 besonders effiziente Boeing-737-Max-Flugzeuge in Betrieb und würde auch gern Airport-Slots von schrumpfenden und zögernden Konkurrenten übernehmen.

Die Mischung aus tiefen Preisen und hohen Kosten könnte zwar bedeuten, dass Ryanair vielleicht doch länger fliegen muss, bis wieder die Gewinnzone erreicht ist. Aber O’Learys langer Atem ist bekannt. Ebenso wie das kurze Gedächtnis und die Preisvorlieben seiner Passagiere.