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Ärger über Fluglärm

FAZ 08.12.2021Lärmhotline Flughafen Zürich

Der Flughafen Zürich betreibt eine Lärmhotline, mehrere Stellen messen rund um die Uhr die Lautstärke. Bei 3000 Beschwerden im Jahr geht es vor allem um Information und manchmal auch um Seelsorge.

Wir sind manchmal mehr eine Seelsorge als eine Support-Hotline“, sagt Peter Meili. Der 55-Jährige arbeitet beim Flughafen Zürich und ist zuständig für das Lärmmanagement und den Anwohnerschutz. Der Flughafen Zürich hat zwei Anlaufstellen, wo man sich über den Fluglärm beschweren kann.

Zum einen gibt es das Lärmtelefon, zum anderen auch den E-Mail-Support. „Ziel des Supportes ist es zu informieren. Mehr können wir auf die Schnelle auch nicht gegen den Lärm unternehmen“, antwortet Meili auf die Frage, was die Hotline bezwecken soll.

Informationen beruhigten die Anrufer meist. Wenn generelle Informationen jedoch nicht ausreichen, kommen Meili und sein Team ins Spiel. Zusammen mit sechs Mitarbeitern sorgt er dafür, dass alle E-Mails beantwortet werden und auch die Telefonate mit den komplexeren Fragen, die von den Hotline-Angestellten nicht beantwortet werden können.

Die Stelle, die sich mit dem Lärm und der Lärmeindämmung befasst, wird direkt vom Flughafen finanziert. Ein zusätzlicher Teil der Finanzierung erfolgt durch die sogenannte Lärmsteurer, die die Fluggesellschaften bezahlen müssen. Je lauter ein Flugzeug ist, umso größer ist die Lärmsteuer.

Sitzungen und Daten auswerten

Im Jahr werden rund 3000 Lärmbeschwerden eingereicht, davon sind die Hälfte Telefonbeschwerden. Das bedeutet, dass Meili und sein Team ungefähr vier E-Mails am Tag erhalten und teilweise beantworten müssen. Das klingt nach einem lockeren Job, doch mit dem Beantworten der Anliegen ist die Geschichte noch nicht vorbei.

Die Mails sind nur ein kleiner Aspekt von Meilis Arbeit. Sein normaler Alltag beinhaltet Sitzungen, Datenauswertung und Projektarbeit. Wenn er nebst dem noch Freizeit hat, geht er gerne auf den Zürichsee segeln. Um den ganzen Flughafen herum gibt es mehrere Messstellen, die rund um die Uhr die Lautstärke messen. Somit kann man genau sehen, welche Flugzeuge lauter sind als andere, und dementsprechend Maßnahmen ergreifen.

„Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Ich bin auch im Außeneinsatz unterwegs, um zum Beispiel die Lärmauswirkungen von Baustellen zu ermitteln. An anderen Tagen arbeite ich dann aber wieder an einem Projekt im Büro“, erklärt Peter Meili.

Das ist „keine normale Hotline“

Der Ingenieur HTL hat Raumplanung an der Fachhochschule in Rapperswil studiert, hat sich aber schon immer für Akustik interessiert. Nach dem ersten Studium hat er noch einen sogenannten Zertifikatslehrgang CAS in Akustik an der Fachhochschule Nordwestschweiz gemacht. Nun arbeitet der zweifache Vater schon seit etwa zwanzig Jahren am Flughafen auf derselben Stelle.

„Man muss zuerst selbst verstehen, wie der Lärm entsteht, bevor man es jemandem erklären kann. Denn der Lärm ist weit mehr als nur die Dezibel, die auf dem Messgerät angezeigt werden“, erklärt er. Man braucht viel Menschenkenntnisse, um auf die Bedürfnisse der Anrufer einzugehen und die Fragen einfühlsam und verständlich zu beantworten.

„Die Lärmhotline ist keine normale Hotline, denn die Personen rufen nur an, wenn sie ein Problem mit dem Fluglärm haben.“ Er schildert ein Beispiel: „Ein Mann hat uns immer angerufen und sich über den Fluglärm beschwert. Doch eines Tages hatte er mit Freude angerufen und sich bedankt, denn der Lärm sei weniger geworden“, berichtet der Ingenieur, „und das ist selten, dass jemand Fremdes unsere Arbeit auch wirklich bemerkt und wertschätzt.“ Grundsätzlich habe er in diesem Fall nichts Explizites gemacht, sondern einfach seine Arbeit seriös weitergeführt.

Nicht schnell vor Feierabend einen Fall abhandeln

Meili erklärt, dass die Lärmwahrnehmung mit zahlreichen Faktoren zu tun haben kann, wie zum Beispiel Neubauten in der Umgebung, immer mehr moderneren Flugzeugen, die zum Einsatz kommen, oder auch Fluktuationen des Wetters können eine wichtige Rolle bei der Lärmentwicklung spielen. Es sei also sehr schwer nachzuvollziehen, wie es zu dieser Wahrnehmensänderung kam.

Es gibt hingegen sehr empörte Anrufer, die einfach nicht verstehen können, von wo der Lärm kommt, und zu Meili und seinen Kollegen dann auch frech werden. Bei solchen Fällen müsse man einfach Ruhe bewahren.

Im Allgemeinen gilt, dass man sich für jedes Telefonat genügend Zeit nehmen und nicht noch schnell vor Feierabend einen Fall abhandeln soll. Die Fluglärmhotline hat nichts zu verkaufen und kann den Anrufern auch keine Lösungen servieren. Sie dient nur der Aufklärung und Information. „Wir können den Leuten nicht wirklich weiterhelfen. Wir haben nur ein offenes Ohr und können ihnen helfen, das Fluglärmproblem zu verstehen.

Als die ersten Beschwerden in den 1960er-Jahren mit den ersten Düsentriebwerken aufkamen, gab es diese Stelle natürlich noch nicht. Doch da vermehrt Personen angerufen haben, entstand so vor etwa 50 Jahren diese Einrichtung am Flughafen Zürich.“

Auf die Frage, was das Anrufen denn bringe, antwortet Meili: „Wir beantworten Fragen zu einzelnen Fluglärmereignissen oder auch allgemein zum Flugbetrieb und der zukünftigen Entwicklung. Die Anzahl der Fragen und Reklamationen wird erfasst und in einer Statistik ausgewiesen.“ Das Anrufen bei der Hotline hat also keine unmittelbaren Auswirkungen, sondern eher eine Wirkung auf lange Sicht.