Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Absturz für gekröpften Nordanflug und Parallelpisten

NZZ 4.7.2008

Der Bund hat das Gesuch für einen gekröpften Nordanflug auf Sicht aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Im SIL-Prozess will man drei Betriebsvarianten weiterverfolgen, davon eine mit Pistenverlängerungen. Ein Parallelpisten- System dagegen lehnt der Bund ab. Südschneiser, Regierung und Flughafen kritisierten die Entscheide teilweise heftig.

ark. Der Hoffnungsträger der Fluglärm-geplagten Bevölkerung im Süden des Flughafens ist abgestürzt: Knapp vier Jahre nach der Einreichung des ersten Gesuchs durch die Flughafen Zürich AG kam gestern das Nein aus Bern zum gekröpften Nordanflug (GNA). Das Verfahren hätte allmorgendlich – allerdings nur bei guter Sicht – zwischen 6 und 7 Uhr zur Anwendung kommen und so die Südschneise zumindest teilweise entlasten sollen. Anlässlich einer Medienkonferenz hat der Direktor des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), Raymond Cron, die Gründe für das Verdikt vor den Medien ausgebreitet.

1,7-mal höheres Risiko

Gekröpfter Nordanflug

Ausschlaggebend seien Sicherheitsbedenken gewesen, sagte Cron. Der GNA erfülle zwar die minimalen Sicherheitsanforderungen, er sei aber mit seinem Endanflug auf Sicht im internationalen Vergleich ein Sonderfall. Dies könne vor allem dann problematisch werden, wenn ortsunkundige Besatzungen nach langen Nachtflügen erstmals mit dem gekröpften Verfahren konfrontiert und unter Umständen überfordert seien. Trotz seiner unbestrittenen Fliegbarkeit weise der GNA ein erhöhtes Risiko auf und stehe damit in Opposition zum «Safety first»-Konzept des Bazl. Cron präsentierte bisher nicht bekannte Zahlen, wonach der GNA 1,7-mal riskanter sei als ein Anflug mit Instrumentenlandesystem. Da mit dem Südanflug gleichzeitig ein solches sichereres Verfahren zur Verfügung stehe, lehne sein Amt die Einführung des «Nichtpräzisionsverfahrens» aus dem Norden ab, sagte er.

Cron verhehlte nicht, dass auch der Druck von Swiss und Skyguide zum Entscheid beigetragen habe. Die Fluggesellschaft und das Flugsicherungsunternehmen befürchteten Kapazitätsbeschränkungen, höheren Druck auf das Gesamtsystem Flughafen und damit eine abnehmende Stabilität des Flugbetriebs. Das jahrelange politische Sperrfeuer gegen den GNA aus dem Aargau und Deutschland dagegen habe beim Entscheid keine Rolle gespielt, beteuerte der Bazl-Direktor auf Nachfrage. Er betonte im Übrigen, dass der GNA nicht definitiv vom Tisch sei. Sobald ein satellitengestütztes Navigationsverfahren vorliege, das bezüglich Sicherheit mit einem Instrumentenlandesystem vergleichbar sei, könne das Verfahren bewilligungsfähig werden.

Weiter im SIL mit drei Varianten

SIL-Varianten-3-verbleibend

In dieser Form ist der GNA auch in einer der drei Varianten vorgesehen, die im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) Eingang finden sollen (siehe Kasten). Gleichzeitig mit dem Nein zum Gekröpften präsentierte das Bazl das weitere Vorgehen im langwierigen Raumplanungs-Prozess, der bis 2010 in einem Objektblatt Zürich münden soll. Mit dem jetzt gewählten Vorgehen will das Bundesamt für Zivilluftfahrt einerseits die gegenwärtigen Realitäten abbilden, das heisst einen Flugbetrieb, der durch die einseitige deutsche Verordnung stark eingeschränkt ist. Andererseits will man mit den Varianten E optimiert und J optimiert (mit drei Pistenverlängerungen) für eine mögliche Zukunft ohne deutsche Beschränkungen vorsorgen.

Abgelehnt hat das Bazl dagegen die vom Flughafen gewünschte und vom Kanton Zürich bekämpfte raumplanerische Sicherung eines Parallelpisten-Systems. Das Projekt habe derart minimale Realisierungschancen, dass es keinen Sinn ergebe, die Gemeinden raumplanerisch mit dem Vorhaben präventiv stark einzuschränken, sagte Cron. Anders als die Experten im SIL-Bericht sei man der Meinung, dass diese Einschränkungen nicht nur marginal seien. Beim Entscheid habe man zudem die negative Position des Standortkantons stark gewichtet. Ausser Zürich hatten sämtliche Kantone im Umfeld des Flughafens eine Vorsorge für Parallelpisten befürwortet. Cron zeigte sich überzeugt, dass der Entwicklungsspielraum für den Flughafen trotz dem Nein zu Parallelpisten gross genug bleibt.

Drei Varianten bleiben im SIL-Prozess

ark. Das Bazl hat entschieden, dass drei Betriebsvarianten in das Objektblatt Zürich des Sachplans Infrastruktur Luftfahrt (SIL) fliessen sollen; ursprünglich war nur eine Variante geplant gewesen. Die drei Varianten und die Positionen der Kantone:

Variante E optimiert: Flugbetrieb wie vor den deutschen Beschränkungen (DVO), Landungen vor allem von Norden, Starts vor allem nach Westen. Befürworter: ZH, SZ, ZG. Gegner: AG, SH. Ohne Beurteilung: TG, SG.

Variante E DVO: Flugbetrieb wie heute, aber mit gekröpftem Nordanflug (mit Satellitennavigation). Landungen vor allem von Norden, Starts vor allem nach Westen. Während DVO-Sperrzeiten von 6 bis 7 Uhr gekröpfter Nordanflug, von 7 bis 9 Uhr Südanflug. Befürworter: ZH, SH, TG, SG, SZ, ZG. Gegner: AG.

Variante J optimiert: ohne Berücksichtigung der DVO, mit Pistenverlängerungen, phasenweise wechselnden Nord- und Ostanflügen, Starts phasenweise nach Süden (mit Left Turn) und Westen. Befürworter: ZH, SZ, ZG. Gegner: SH, TG, SG. Ohne Beurteilung: AG.

Alle drei Varianten sehen in Wettersituationen mit starkem Nordostwind gerade Südstarts vor. Diese werden von ZH und SZ abgelehnt.